Das Havelland

Die Havel ist der längste und wasserreichste rechte Zufluss der Elbe – und zugleich einer der ruhigsten. In einem weiten U fließt sie durch die Brandenburgische Moränenlandschaft, still und langsam, romantisch in Wälder und Wiesen eingebettet, immer wieder eine Kette kleinerer und größerer Seen hintereinander aufreihend. Der Fluss prägt eine ganze Region – und hat ihr entsprechend auch den Namen gegeben. Die Landschaft flussabwärts von Berlin, und damit der ganze Nordwesten Brandenburgs, heißt Havelland.

Im Havelland mischen sich auf einzigartige Weise verschiedene Landschaftsformen und kulturelle Bereicherungen. Zwischen Potsdam und Brandenburg dominieren Schlösser und Parks, die von den großen preußischen Königen erbaut wurden. Diese erkannten beizeiten den landschaftlichen Reiz des Havellandes und nutzten die wald- und wasserreiche Gegend intensiv für ihre Erholung und Zerstreuung. Sanssouci, das Lustschloss Friedrichs des Großen, ist gar in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen worden. Flussabwärts von Brandenburg durchfließt die Havel ein riesiges natürliches Feuchtgebiet mit unzähligen Altarmen, Seen, Kanälen und Sumpfgebieten. Dies ist der stille, beschauliche Teil des Havellandes mit gemütlichen märkischen Fischerdörfern, Handelsstädtchen, Backsteinkirchen und alten Legenden.

Die bekannteste dürfte wohl die vom Herrn von Ribbeck sein. „Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland, ein Birnbaum in seinem Garten stand“ – so beginnt das Gedicht von Theodor Fontane, das das Havelland weithin bekannt machte. Denn hier holte sich der Dichter regelmäßig Inspiration; viele seiner Kollegen, etwa Fouqué, taten es ihm gleich. Die Geschichte des Herrn von Ribbeck fasziniert noch heute – und der Ort hat sich ganz der Pflege seiner Tradition verschrieben, mit vorbildlicher Nutzung des alten Schlosses und der Anlage liebevoll gepflegter Birnbäume.

Die Flusslandschaft Untere Havelniederung reicht bis zur Mündung bei der alten Hansestadt Havelberg in Sachsen-Anhalt. Dort, an der Mündung in die Elbe, wechselt das Panorama erneut und macht einem weiten Himmel Platz. Hier liegen viele gut erhaltene mittelalterliche Handelsstädte wie Stendal, Tangermünde oder Seehausen, die schon damals von der verkehrsgünstigen Lage profitierten. Das Havelland selbst wirkt dagegen auch heute noch abgeschieden und verschwiegen. Geschützt und zunehmend renaturiert, bildet die Flusslandschaft der Havel ein wichtiges Biosphärenreservat für bedrohte Tier- und Pflanzenarten – und zugleich ein ideales Naherholungsgebiet für stadtmüde Berliner. Denn hier ist man gerade einmal eine Zugstunde vom quirligen Potsdamer Platz entfernt!

Das Schöne daran: die Nähe zur Metropole, so praktisch sie ist, spürt man im Alltag nicht im Geringsten. Hier geht das Leben seinen ländlichen, beschaulichen Gang, kennt noch jeder jeden und ist der Himmel nachts so dunkel wie nirgends sonst in Mitteleuropa.